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Wie blinde und sehbehinderte Kinder endlich mitspielen können

Digitale Spiele für alle: Ein neuer Blick auf Barrierefreiheit

Autor: bb
23. Oktober 2023

„Videospiele sind nichts für Blinde!“ Dieses Vorurteil hält sich hartnäckig. Doch wie können digitale Spiele auch für blinde und sehbehinderte Kinder zugänglich gemacht werden? Janine Liebal von der Technischen Universität Ilmenau hat sich in ihrer Studie genau damit beschäftigt.

Problemstellung

Digitale Spiele sind ein fester Bestandteil der Jugendkultur. Doch Kinder und Jugendliche mit Behinderungen, insbesondere blinde und sehbehinderte Kinder, sind oft von dieser Freizeitbeschäftigung ausgeschlossen. Es mangelt an barrierefreien Spieloptionen, die ihren Bedürfnissen gerecht werden.

Relevanz

Barrierefreiheit in digitalen Spielen ist nicht nur eine Frage der Inklusion, sondern auch der Chancengleichheit. Spiele fördern die psychomotorische und kognitive Entwicklung, und alle Kinder sollten die Möglichkeit haben, davon zu profitieren. Zudem zeigt die Studie, dass es ein erhebliches Interesse an barrierefreien Spielen gibt, was ein wichtiges Signal an Entwickler ist.

Annahmen

Liebal und ihr Team gehen davon aus, dass es viele ungenutzte Potenziale gibt, um digitale Spiele barrierefrei zu gestalten. Sie vermuten, dass Vorurteile und Unwissenheit bei den Entwicklern eine große Rolle spielen und dass es an expliziten, praxistauglichen Empfehlungen für die Gestaltung von Benutzeroberflächen fehlt.

Methodik

Die Studie basiert auf einer teilstrukturierten Gruppenbefragung mit 48 blinden und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen im Alter von 7 bis 18 Jahren. Die Teilnehmer wurden an einem Förderzentrum für Sehbehinderte befragt, um ihre Erfahrungen, Bedürfnisse und Wünsche bezüglich digitaler Spiele zu erfassen. Die Gruppendiskussionen wurden in den vertrauten Räumlichkeiten der Schule durchgeführt, um eine angenehme und sichere Umgebung zu gewährleisten.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass die meisten befragten Kinder und Jugendlichen digitale Spiele spielen und dabei auf verschiedene Barrieren stoßen. Viele Probleme betreffen die Benutzeroberfläche, wie zu kleine Schrift oder unzureichende Kontraste. Blinde Kinder bevorzugen Audiogames und textbasierte Rollenspiele, während sehbehinderte Kinder Spiele mit einfachen Steuerungen und klarer Bildgestaltung bevorzugen.

Ein wichtiger Aspekt ist die Möglichkeit zur individuellen Anpassung der Spiele, wie Vergrößerungsfunktionen und Sprachausgabe. Diese Anpassungen würden vielen Kindern helfen, die Spiele besser zu nutzen und mehr Spaß daran zu haben. Die Kinder äußerten auch kreative Wünsche an die Entwickler, wie die Integration von Sprachsteuerung und die Anpassung von Spielgrafiken an ihre Bedürfnisse.

Barrieren und Probleme

Die häufigsten Barrieren betreffen die visuelle Gestaltung der Spiele. Zu kleine Schrift, unzureichende Kontraste und fehlende Vergrößerungsoptionen machen es den Kindern schwer, den Inhalt der Spiele zu erfassen. Auch die 3D-Darstellung wird oft als problematisch empfunden, da sie bei einigen Kindern zu Augenbeschwerden führt.

Interessanterweise sehen die Kinder ihre Sehbehinderung oft nicht als Nachteil, sondern haben gelernt, mit den bestehenden Barrieren umzugehen. Sie wünschen sich jedoch mehr Unterstützung von den Entwicklern, um die Spiele besser nutzen zu können.

Ausblick

Die Studie zeigt, dass es möglich ist, digitale Spiele barrierefrei zu gestalten und damit eine wichtige Zielgruppe zu erreichen. Die gewonnenen Erkenntnisse dienen als Grundlage für die Entwicklung inklusiver Spiele. Entwickler sollten die Bedürfnisse und Wünsche blinder und sehbehinderter Kinder ernst nehmen und in ihre Designprozesse einfließen lassen.

Für die Zukunft ist es wichtig, weitere Forschung zu betreiben und praxisorientierte Lösungen zu entwickeln. Dies könnte durch Kooperationen zwischen Spieleentwicklern, Pädagogen und betroffenen Familien geschehen. Nur so kann sichergestellt werden, dass digitale Spiele für alle Kinder zugänglich und spielbar sind.

Quelle:

Liebal, J. (2012). Inclusive Gaming – Spieleentwicklung neu denken! Eine Untersuchung zur Nutzung und Benutzbarkeit digitaler Spiele durch blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche. Technische Universität Ilmenau.

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