Conclusio

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Digitaler Stress

Wie Ältere und Jüngere den Umgang mit Medien meistern

Autor: disc
7. März 2024

„Die gaaanze Zeit, ununterbrochen, immer nur… am Handy, die jungen Leute. Dass denen das nicht selbst auf’n Keks geht?“ Das hört man oft, doch eine neue Studie von Leonie Waldenburger und Julia Wimmer zeigt, dass die Realität komplexer ist. Ihre Untersuchung beleuchtet, wie verschiedene Generationen mit digitalem Stress umgehen und welche Strategien sie entwickeln, um diesem zu begegnen.

Problemstellung

Die zunehmende Digitalisierung hat unser Kommunikationsverhalten radikal verändert und bringt nicht nur Vorteile, sondern auch Herausforderungen mit sich. Digitaler Stress ist ein Phänomen, das sowohl junge als auch ältere Menschen betrifft. Leonie Waldenburger und Julia Wimmer haben untersucht, wie verschiedene Generationen mit dieser Belastung umgehen und welche Praktiken der Grenzziehung sie anwenden, um digitalen Stress zu bewältigen.

Relevanz

Digitaler Stress hat weitreichende Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit. Besonders in Zeiten, in denen die digitale Erreichbarkeit als selbstverständlich angesehen wird, ist es wichtig, Mechanismen zu finden, die einen gesunden Umgang mit digitalen Medien fördern. Waldenburger und Wimmer heben hervor, dass die Art und Weise, wie Menschen Grenzen ziehen und Mediennutzung regulieren, entscheidend für ihr Wohlbefinden ist.

Annahmen

Die Forscherinnen gehen davon aus, dass es signifikante Unterschiede in den Praktiken der Grenzziehung zwischen den Generationen gibt. Während jüngere Menschen, die mit digitalen Medien aufgewachsen sind, andere Strategien entwickeln als ältere Menschen, die diese Technologien erst im Erwachsenenalter kennengelernt haben, spielen medienbezogene Kompetenzen und Sozialisation eine entscheidende Rolle.

Methodik

Die Studie basiert auf einer qualitativen Langzeituntersuchung, bei der zehn Personen über 40 und elf Personen unter 40 Jahren regelmäßig zu ihren Mediennutzungsgewohnheiten und Strategien zur Stressbewältigung befragt wurden. Durch Interviews und Medientagebücher konnten die Forscherinnen tiefgehende Einblicke in die alltäglichen Medienpraktiken der Teilnehmer gewinnen. Da es sich um Ergebnisse einer qualitativen Studie handelt, dürfen diese nicht verallgemeinert werden, sie sind zunächst nur Anhaltspunkte für das Mediennutzungsverhalten. Für gesicherte Aussagen muss eine quantitative Studie auf Grundlage dieser, und anderer Studien durchgeführt werden.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede zwischen den Generationen. Jüngere Menschen neigen dazu, digitale Medien intensiver zu nutzen und empfinden häufiger digitalen Stress aufgrund von Zeitverschwendung und der ständigen Erreichbarkeit. Sie entwickeln Praktiken wie das Setzen von Nutzungslimits für Apps oder das bewusste Auswählen von Medieninhalten, um diesen Stress zu reduzieren.

Ältere Menschen hingegen nutzen digitale Medien gezielter und weniger intensiv. Ihre Praktiken der Grenzziehung sind oft intuitiver und weniger als bewusste Stressbewältigungsmaßnahmen gedacht. Beispiele sind das bewusste Einteilen von Mediennutzung in den Tagesablauf oder das Verschieben von Nachrichtenbeantwortungen auf einen späteren Zeitpunkt. Eine bemerkenswerte Strategie ist das Festhalten an gewohnten Medienformaten und das Ablehnen neuer Technologien ohne Notwendigkeit zur Rechtfertigung.

Ein überraschender Befund der Studie ist, dass ältere Menschen weniger von digitalem Stress betroffen sind. Dies könnte daran liegen, dass sie weniger sozialen Druck verspüren, ständig online zu sein, und durch ihre Lebenserfahrung gelassener im Umgang mit neuen Medien sind.

Ausblick

Die Studie von Waldenburger und Wimmer zeigt, dass unterschiedliche (Medien)-Generationen verschiedene, aber effektive Strategien entwickelt haben, um digitalen Stress zu bewältigen. Für die Zukunft ist es wichtig, diese Erkenntnisse zu nutzen, um Maßnahmen zur Stressreduktion zu entwickeln, die auf die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Altersgruppen zugeschnitten sind. Insbesondere die Förderung von Medienkompetenz und das Bewusstsein für gesunde Nutzungsgewohnheiten könnten dabei helfen, den digitalen Stress zu minimieren.

Die Untersuchung legt nahe, dass es kein „Einheitsrezept“ gibt, sondern dass individuell angepasste Strategien erforderlich sind, um den Herausforderungen der digitalen Welt gerecht zu werden. Weiterführende Studien könnten noch detaillierter erforschen, wie diese Praktiken in verschiedenen sozialen und kulturellen Kontexten angewendet werden und welche langfristigen Auswirkungen sie auf das Wohlbefinden haben.

Quelle: Waldenburger, L., & Wimmer, J. (2024). Digitaler Stress und die neuen Praktiken der Grenzziehung. Springer.

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