„Die jungen Leute heute wissen doch gar nichts mehr von den Unterschieden zwischen Ost und West!“ Dieser Satz fällt oft, wenn es um die Einheit Deutschlands geht. Doch wie sieht es wirklich aus? Wolfgang Gaiser und Johann de Rijke haben sich in ihrer Studie genau mit dieser Frage beschäftigt.

Problemstellung

Auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es immer noch Diskussionen über die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Gaiser und de Rijke fragen sich, ob diese Unterschiede auch bei der jungen Generation, die nach 1990 geboren wurde, bestehen bleiben oder ob die Einheit hier besser verwirklicht ist.

Relevanz

Die Frage nach der Einheit ist nicht nur historisch interessant, sondern auch gesellschaftlich und politisch relevant. Wenn die junge Generation keine Unterschiede mehr wahrnimmt, könnte dies für die Zukunft der deutschen Gesellschaft und Politik bedeutsam sein.

Annahmen

Die Autoren gehen davon aus, dass es auch in der jungen Generation noch Unterschiede in den politischen Einstellungen und dem Verhalten zwischen Ost- und Westdeutschland gibt. Sie vermuten, dass diese Unterschiede weniger ausgeprägt sind als bei der älteren Generation, aber dennoch vorhanden.

Methodik

Gaiser und de Rijke nutzten für ihre Studie Daten des ALLBUS von 2018, einer repräsentativen Umfrage in Deutschland. Sie analysierten die politischen Einstellungen und das Partizipationsverhalten der Befragten und verglichen dabei die Unterschiede zwischen Ost und West sowie zwischen den Altersgruppen.

Ergebnisse

Die Studie zeigt, dass die jungen Menschen in Ost- und Westdeutschland ähnliche politische Einstellungen haben. Die Idee der Demokratie wird von beiden Gruppen hoch geschätzt, und auch das Vertrauen in Institutionen wie das Bundesverfassungsgericht und die Polizei ist vergleichbar. Unterschiede gibt es jedoch im Vertrauen in die Bundesregierung und die politischen Parteien, das im Osten etwas geringer ist.

Beim Thema politische Partizipation zeigen sich ebenfalls nur geringe Unterschiede. Junge Menschen in Ost und West beteiligen sich ähnlich stark an genehmigten Demonstrationen und Unterschriftensammlungen. Bei älteren Menschen ist das Vertrauen in Institutionen im Osten deutlich geringer als im Westen, was auf die Erfahrungen der Systemumstellung zurückzuführen sein könnte.

Ausblick

Gaiser und de Rijke ziehen das Fazit, dass die Unterschiede zwischen Ost und West in der jungen Generation abnehmen. Die junge Generation scheint weniger durch die Vergangenheit geprägt und zeigt eine größere Einheit in den politischen Einstellungen. Dies könnte ein positives Zeichen für die Zukunft der deutschen Einheit sein, auch wenn einige Unterschiede bleiben.

Die Studie legt nahe, dass weitere Forschungen notwendig sind, um die langfristigen Entwicklungen besser zu verstehen. Besonders interessant wäre dabei die Rolle sozialer Medien und digitaler Partizipation, die für die junge Generation eine immer größere Bedeutung gewinnen.

Quelle:

Gaiser, W., & de Rijke, J. (2020). Generation Einheit – zusammen oder getrennt? Ost-West-Unterschiede bei der jungen Generation im Vergleich zu der älteren. Forschungspapier, erschienen auf regierungsforschung.de.